Praktikum bei emmaus (Mona S.)

 

 

Als ich am 07.05.06 -eine Woche später als geplant- auf das Wohnhaus von emmaus zusteuerte war ich ganz schön aufgeregt, wie ich wohl für die nächsten 3 Monate wohnen würde und vor allem mit wem. Natürlich war die Angst, von den Bewohnern abgelehnt zu werden allgegenwärtig, denn ich würde ja als eine Fremde einfach mal so in ihr Leben reinplatzen. Umso freudiger überrascht war ich, als mich jeder, aber wirklich jeder der Bewohner -dem ich begegnete- herzlich begrüßte. Ich fühlte mich sofort willkommen und war wirklich überrascht, dass einem hier das erste Mal ohne die typische Distanz begegnet wurde und ich mich nicht als Fremde fühlte, sondern voller Vorfreude an die Arbeit gehen konnte. Das Motto "Wir sind eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft und offen für jeden Menschen, ungeachtet seiner Nationalität, Vergangenheit, sowie religiösem oder politischem Bekenntnis" wird also nicht nur so dahin gesagt, sondern auch wirklich umgesetzt.

Die ARBEIT in der Gemeinschaft ist auch recht breit gefächert. Man kann Bücher, Kleidung, Hausrat sortieren und verkaufen, Möbel abholen, verkaufen und liefern. Außerdem gibt es jeden Morgen eine Kochmannschaft, die für die ganze Gemeinschaft ein leckeres Mahl zum Mittag vorbereitet und auch jene, die nachmittags im Wohnhaus bleiben um z. B. Mittwochs die Suppe für die Obdachlosen zu kochen und ansonsten zu spülen und das Haus zu putzen.

 

Ich hatte während des Praktikums auch die Möglichkeit, die verschiedenen Bereiche abzuklappern, blieb dann nach einiger Zeit aber im Kleiderbereich hängen. War ich aber auch selber Schuld, da ich eine Zeit lang Gefallen daran fand. So musste ich tagein, tagaus Kleidung sortieren, falten, aufhängen, verkaufen… Dies war dann auch ein Zeitpunkt, an dem die Arbeit für mich etwas zu einseitig wurde. Denn wenn man immer wieder den Arbeitsbereich wechselt, dann wird einem nie langweilig, da man immer wieder dankbar für die andere Arbeit ist. Bloß wenn man einmal in einem Bereich drin steckt, dann kann man leider nicht mehr so einfach springen wie vorher.

 

Was mir sehr gut gefallen hat, war, dass ich Dokumente vom Deutschen ins Englische bzw. Spanische übersetzen durfte. Leider war dies eine Arbeit, die nicht oft verlangt wurde, da der Bedarf einfach nicht sehr hoch war. 

Aber natürlich gehörte zu dem Praktikum nicht nur das Arbeiten, sondern vor allem auch das LEBEN in der Gemeinschaft. 
Um die Gemeinschaft zu fördern und eine Vereinzelung zu verhindern, finden jeden Tag gemeinsame Mahlzeiten statt. Es frühstückt zwar jeder für sich alleine, aber Mittag- und Abendessen werden regelmäßig miteinander eingenommen. Außerdem sitzen oft abends noch die Leute zusammen vor dem Haus oder im Raucherzimmer und quatschen ein wenig.

 

Ich nahm auch an den wöchentlichen Gemeinschaftsbesprechungen teil, in denen sowohl Probleme untereinander, als auch bei der Arbeit, sowie persönliche Probleme besprochen wurden und den Bewohnern dadurch Hilfe gewährleistet wurde. 

 

Natürlich fanden auch 4-6Augen Gespräche statt und ich denke gerade die sind auch sehr wichtig für die Gemeinschaftsmitglieder, da dadurch die Privatsphäre des Einzelnen gesichert wird.
Was etwas unverständlich für mich blieb war, dass die Bewohner gewisse Probleme selber ansprechen mussten, auch wenn einige Zeit lang schon deutlich zu sehen war, dass etwas nicht stimmt.

 

Einige Male kamen abends Leute zu Besuch, die von Hilfsprojekten auf der ganzen Welt erzählten. Ich speziell habe zum einen einen Vortrag über die Arbeit von Jesu Dos gehört, ein Inder, der in seinem Heimatland sowohl den Dalits (Selbstbezeichnung der als "Unberührbare" aus dem indischen Kastensystem ausgeschlossenen Menschen), als auch Opfern des Tsunamis hilft, sich eine Existenz aufzubauen, indem er ihnen einen Mikrokredit u. a. in Form von Vieh und Land verschafft.

 

Zum anderen hörte ich den Vortrag eines Deutschen, der für den Verein "Kinderland Brasilien e.V." in Rio de Janeiro tätig ist. Seine Aufgabe ist es, den Straßenkindern zu helfen. Er betreut u. a. Projekte, in denen die Kinder lernen sich aus verschiedenen Materialien Musikinstrumente zu bauen. Besonders beeindruckend fand ich seine Beschreibung der generellen Lebenssituation der Menschen speziell in Rio de Janeiro, die sich als unglaublich schwierig darstellt.

Wie heißt das Motto von emmaus doch so schön? Gemeinsam Arbeiten, Leben, Helfen…

So gehörte natürlich auch der Bereich "HELFEN" zu einem Teil meines Praktikums. 
Dies bedeutete für mich, dass ich einige Male mit zum Appellhofplatz gefahren bin, wo einige Mitglieder der emmaus--gemeinschaft jeden Mittwochabend Suppe, sowie Kaffee und Tee an Hilfsbedürftige ausschenken. Auch das war eine sehr wichtige Erfahrung für mich. Dort sah man so viele verschiedene Arten von Menschen. Natürlich waren auch dort welche bei, die etwas grummelig waren oder auch streitsüchtig. Aber viele von ihnen waren auch sehr freundlich und dankbar für unsere kleine Hilfe. So habe ich mich einerseits immer gefreut dorthin zu fahren, andererseits fürchtete ich mich aber auch teilweise davor dorthin zu fahren. Denn vielen Menschen sah man in irgendeiner Weise ihr Leid an, bzw. sie erzählten einem davon und in diesen Situationen muss man einfach lernen, den Abstand zu wahren und trotzdem natürlich mitfühlend reagieren. 

 

Sehr bewundert habe ich immer Schwester Alexa, die als Seelsorgerin immer vor Ort ist und sich um das seelische Wohl kümmert. 
Genauso klasse ist die Arbeit von Silvia - einer Frau, die auch bei emmaus- regelmäßig ehrenamtlich hilft. Sie kommt jeden Mittwoch mit einem Wagen voll gesammelter Kleidung und Schlafsäcken, die sie dann an die Obdachlosen verteilt.

 

Ein anderer Teil der Hilfe stellen die regelmäßigen Hilfstransporte dar, bei denen ich aber nicht mitgewirkt habe. Alle paar Monate werden Container u. a. nach Rumänien, Polen… geschickt, in denen vor allem Kleiderballen und Hausrat enthalten sind.

So positiv mein Empfang verlaufen war, so negativ verliefen dann leider auch die letzen Wochen meines Praktikums, das ich deswegen dann auch verkürzte. Ich hatte mir einfach eine ungünstige Zeit für das Praktikum ausgesucht, denn in den besagten letzen Wochen waren Pascale und Willi im Urlaub und ich war Zeitweise ziemlich überfordert mit der Gemeinschaft, da es zu einigen Konflikten zwischen den Bewohnern kam, bei denen ich dann teilweise Kummerkasten und Streitschlichter gespielt habe bzw. selber mit drinhing. 
Sonst hatte ich in Pascale und Willi regelmäßig einen Ansprechpartner, um meine Sorgen loszuwerden, was die Arbeit bzw. das Leben in der Gemeinschaft betrafen und das fehlte mir in dieser Zeit sehr. 

 

So gab es am Ende die Menschen, mit denen ich sehr gut zurecht kam und gerne mal ein Schwätzchen hielt, Leute die mich als "Stressfaktor positiv" oder als "sunshine of the community" betitelten, aber auch die, die sich durch meine Anwesenheit eher gestört fühlten. 

Es war eine riesige Erfahrung für mich, für einige Zeit in der emmaus-Gemeinschaft zu leben und mit den Menschen zu arbeiten. Erst dann wird einem bewusst, wie anstrengend die Arbeit ist, die die Leute jeden Tag verrichten - und das sind nicht alles so junge Hüpfer wie ich, sondern es gibt auch ein paar richtige "Altertümchen", die trotzdem noch ihren Anteil leisten, damit der Laden läuft.

 

Ich denke, dass mich die Zeit bei emmaus auch ein wenig verändert hat. Man lernt, sich eine harte Schale anzulegen & man sieht die Welt nicht mehr durch eine rosarote Brille, sondern es wird einem bewusst, wie schwer es die Menschen überall auf der Welt haben. 

 

Man lernt viele Schicksale kennen und muss üben, die nötige Distanz zu den Menschen zu wahren und trotzdem noch mitfühlend zu sein. Genau das ist mir leider einige Male nicht gelungen. Aber Praktika sind ja schließlich dafür da, dass man lernt wie man sich zu verhalten hat.