emmaus macht einen Betriebsauflug..... |
Aber dann ging es am Mittwochmorgen endlich los. Unser Fahrer - offen "hör"bar polnischer Herkunft - hatte resolut das Einladen unseres Gepäcks übernommen und uns seine Art von Disziplin erklärt. Da der Bus nicht vollständig besetzt war, hatten wir die Wahl der Sitzplätze und beim Start hatte ich das Gefühl, dass jeder mit seinen Gedanken bei diesem unbekannten, fremden Land war, von dem wir alle mehr Vorurteile als klare Vorstellungen hatten. Schon vor Auftauchen des ersten Schildes "Erfurt" war eine innere Unruhe und große Vorfreude bei Horst zu
bemerken. Immer wieder erzählte er Geschichten aus seiner alten Heimatstadt. Es war anrührend rauszuhören, wie viel Sehnsucht dahinter stecken musste. Von Dresden konnten wir nur die Türme der
Frauenkirche erhaschen. Und dann waren wir nach gut zehn Stunden endlich in Görlitz. Unser Übernachtungsort war die Jugendherberge, die in einer alten Burg untergebracht war. Unsere Zimmer für diese
Nacht waren natürlich hoch oben im Turm und entsprechend mussten wir unser Gepäck schleppen.
Noch am gleichen Abend wollten wir die Stadt sehen und sind zu Fuß bergab in die Stadt gelaufen. Der
Fußweg an diesem lauen Abend war das Erstaunlichste und Unglaublichste, was wir erwarten konnten: Die Straßen der Stadt Görlitz sind groß und ausladend, aber fast nicht belebt und kaum befahren, das
war schon ein bisschen unheimlich und erinnerte ein wenig an eine Geisterstadt. Die Häuser im Jugendstil sind durchweg renoviert, super instand gesetzt und ganze Straßenzüge glänzen in voller Pracht.
Viel zu sehen fürs interessierte Auge.... In dem Lokal, in dem wir schließlich gelandet sind, waren wir gern gesehene, weil fast die einzigen Gäste.
(Mal ein ganz persönlicher Einwand: Als bekannt wurde, dass das Ruhrgebiet 2010 die Kulturhauptstadt
Europas sein würde, habe ich mich sehr gefreut: Jau, der Ruhrpott hat auch wirklich verdient, bei den Menschen in einem anderen Licht als Dreck, Kohle und Stahl gesehen zu werden: Im Licht von Kultur
und neu erwachter Schönheit. Aber seit ich in Görlitz war, denke ich, dass diese Stadt als Mitbewerber diesen Titel auch verdient hätte, zumal Görlitz dann sicher neue Lebendigkeit von Besuchern und
Bewunderern erlebt hätte.)
Nach recht kurzer Nacht in einem 6-Bett-Zimmer (mit den üblichen Knarrgeräuschen der Betten bei jedem
Umdrehen) ging die Fahrt weiter - endlich nach Polen. Die Grenze war unkompliziert und schnell überwunden. Da hatten wir auch andere Vorstellungen von Kontrollen. Nahe den polnischen Straßen waren
praktisch keine Städte zu sehen, viel ländliches Gebiet, einzelne Häuser, die teilweise in Renovierung begriffen waren. Nach vielen Stunden dann endlich der erste Hinweis auf "Krakow". Nach Befragen
von Passanten und Polizisten und einigem Herumirren innerhalb der Stadt war dann doch noch unser Hotel gefunden. Wir waren alle überrascht und auch erfreut, in Zweierzimmern untergebracht zu sein -
Luxus.
Am Abend sind wir dann alle mit der Bahn in die Innenstadt von Krakau gefahren. Nachdem wir
Geld gewechselt hatten (4 Zloty=1 Euro), konnten wir auch versuchen, unseren Hunger zu stillen. Schnell mussten wir feststellen, dass es unzählige Einkehrmöglichkeiten gab, etwas zu essen. Die
schönen Herbsttage ließen es zu, noch draußen zu sitzen und so war unsere erste Mahlzeit in Krakau ein Erlebnis an Wohlgeschmack, Gemütlichkeit und unerwartetem Freilichtgenuss.
Die weitere Fahrt an diesem Freitag sollte einem Besuch bei der emmaus-gemeinschaft in Nowy Sacz dienen. Auch hier waren wir offensichtlich sehr willkommen und
wurden überaus großzügig bewirtet. Ein Besuch in den dortigen Verkaufsräumen machte deutlich, in welch reicher Gesellschaft wir hier bei uns sogar second hand leben. Die emmaus-läden hier sind großzügig bestückt mit tollen Sachen und Überfluss. In Polen sieht man
sogar in dem Verkaufsraum, dass die Menschen nicht viel abzugeben haben und aus zweiter Hand wirklich einfachste, wenige Dinge kaufen können. Brigitte H. |