emmaus macht einen Betriebsauflug.....


Schon vor vielen Wochen hatte die emmaus-gemeinschaft uns, die Mitarbeiter des emmaus-ladens in Nippes, eingeladen, mitzufahren. Die Fahrt sollte nach Polen gehen.
Sieben von uns haben sich angemeldet und mit den Erfahrungen mehrerer Reisen in früheren Jahren, sich lange auf die Reise gefreut. Die Organisation der Reise, dazu gehört auch das Chartern eines Reisebusses, den Günter Bornefeld fahren sollte, hatte
emmaus übernommen und alle Mitreisenden zum Glück über die Schwierigkeiten, die plötzlich auftauchten, im Unklaren gelassen.

 

Aber dann ging es am Mittwochmorgen endlich los. Unser Fahrer - offen "hör"bar polnischer Herkunft - hatte resolut das Einladen unseres Gepäcks übernommen und uns seine Art von Disziplin erklärt. Da der Bus nicht vollständig besetzt war, hatten wir die Wahl der Sitzplätze und beim Start hatte ich das Gefühl, dass jeder mit seinen Gedanken bei diesem unbekannten, fremden Land war, von dem wir alle mehr Vorurteile als klare Vorstellungen hatten.

Schon vor Auftauchen des ersten Schildes "Erfurt" war eine innere Unruhe und große Vorfreude bei Horst zu bemerken. Immer wieder erzählte er Geschichten aus seiner alten Heimatstadt. Es war anrührend rauszuhören, wie viel Sehnsucht dahinter stecken musste. Von Dresden konnten wir nur die Türme der Frauenkirche erhaschen. Und dann waren wir nach gut zehn Stunden endlich in Görlitz. Unser Übernachtungsort war die Jugendherberge, die in einer alten Burg untergebracht war. Unsere Zimmer für diese Nacht waren natürlich hoch oben im Turm und entsprechend mussten wir unser Gepäck schleppen. 

 

Noch am gleichen Abend wollten wir die Stadt sehen und sind zu Fuß bergab in die Stadt gelaufen. Der Fußweg an diesem lauen Abend war das Erstaunlichste und Unglaublichste, was wir erwarten konnten: Die Straßen der Stadt Görlitz sind groß und ausladend, aber fast nicht belebt und kaum befahren, das war schon ein bisschen unheimlich und erinnerte ein wenig an eine Geisterstadt. Die Häuser im Jugendstil sind durchweg renoviert, super instand gesetzt und ganze Straßenzüge glänzen in voller Pracht. Viel zu sehen fürs interessierte Auge.... In dem Lokal, in dem wir schließlich gelandet sind, waren wir gern gesehene, weil fast die einzigen Gäste.

 

(Mal ein ganz persönlicher Einwand: Als bekannt wurde, dass das Ruhrgebiet 2010 die Kulturhauptstadt Europas sein würde, habe ich mich sehr gefreut: Jau, der Ruhrpott hat auch wirklich verdient, bei den Menschen in einem anderen Licht als Dreck, Kohle und Stahl gesehen zu werden: Im Licht von Kultur und neu erwachter Schönheit. Aber seit ich in Görlitz war, denke ich, dass diese Stadt als Mitbewerber diesen Titel auch verdient hätte, zumal Görlitz dann sicher neue Lebendigkeit von Besuchern und Bewunderern erlebt hätte.) 
Um diesen Eindruck mit ein wenig Make up aufzupolieren, vorab unsere Eindrücke von Görlitz auf der Rückfahrt: Am Sonntagnachmittag war die Stadt um einiges belebter, die Restaurants und Cafés besser besucht und im Sonnenschein wirkte die Stadt gleich freundlicher und offener. Das Restaurant, dessen einzige Gäste wir am Mittwochabend waren, war besetzt und die Außengastronomie boomte. Auf Empfehlung haben wir dann das Nationalgericht von Görlitz/Niederschlesien probiert: Schlesisches Himmelreich. Und so fühlten wir uns auch: Dem Himmel sehr nahe in großer Runde, bei Sonnenschein und bei besonderer Aussicht auf die Schönheiten der Stadt Görlitz. (Zum Nachkochen: Kartoffelklöße, gebratenes Kasseler mit Kompott von Trockenpflaumen).

 

Nach recht kurzer Nacht in einem 6-Bett-Zimmer (mit den üblichen Knarrgeräuschen der Betten bei jedem Umdrehen) ging die Fahrt weiter - endlich nach Polen. Die Grenze war unkompliziert und schnell überwunden. Da hatten wir auch andere Vorstellungen von Kontrollen. Nahe den polnischen Straßen waren praktisch keine Städte zu sehen, viel ländliches Gebiet, einzelne Häuser, die teilweise in Renovierung begriffen waren. Nach vielen Stunden dann endlich der erste Hinweis auf "Krakow". Nach Befragen von Passanten und Polizisten und einigem Herumirren innerhalb der Stadt war dann doch noch unser Hotel gefunden. Wir waren alle überrascht und auch erfreut, in Zweierzimmern untergebracht zu sein - Luxus.

 

Am Abend sind wir dann alle mit der Bahn in die Innenstadt von Krakau gefahren. Nachdem wir Geld gewechselt hatten (4 Zloty=1 Euro), konnten wir auch versuchen, unseren Hunger zu stillen. Schnell mussten wir feststellen, dass es unzählige Einkehrmöglichkeiten gab, etwas zu essen. Die schönen Herbsttage ließen es zu, noch draußen zu sitzen und so war unsere erste Mahlzeit in Krakau ein Erlebnis an Wohlgeschmack, Gemütlichkeit und unerwartetem Freilichtgenuss.

Am Freitag war dann ein Besuch bei
emmaus in Nova Huta vorgesehen. Nova Huta (Deutsch: Neue Hütte) war eine blühende Stahlarbeiterstadt, in der aber inzwischen eine sehr hohe Arbeitslosigkeit herrscht. Soviel Gastfreundlichkeit, so eine herzliche Atmosphäre bei Kaffee und Kuchen.... 

 

Die weitere Fahrt an diesem Freitag sollte einem Besuch bei der emmaus-gemeinschaft in Nowy Sacz dienen. Auch hier waren wir offensichtlich sehr willkommen und wurden überaus großzügig bewirtet. Ein Besuch in den dortigen Verkaufsräumen machte deutlich, in welch reicher Gesellschaft wir hier bei uns sogar second hand leben. Die emmaus-läden hier sind großzügig bestückt mit tollen Sachen und Überfluss. In Polen sieht man sogar in dem Verkaufsraum, dass die Menschen nicht viel abzugeben haben und aus zweiter Hand wirklich einfachste, wenige Dinge kaufen können.

Der folgende Samstag stand für alle zur freien Verfügung. Uns alle zog es in die wunderbare Stadt Krakau, die wir abends nur kurz kennen gelernt hatten. Sehenswürdigkeiten allenthalben, der Mariendom ist ein bekanntes Wahrzeichen. Außerdem gibt es viele, viele andere Kirchen und wir haben niemals mehr Hochzeiten an einem Tag gesehen als dort. 
Frömmigkeit, Geschichte, Gastlichkeit, das sind die Themen und nach einigen Stunden Kultur, Kunst, Kirche und Könige wollten wir noch unbedingt das Jüdische Viertel sehen. Auf den Spuren dieser besonderen Geschichte konnten wir das Leben in diesem alten Viertel mit seinen alten Häusern, Kopfsteinpflaster und Synagogen spüren. Beim Rundgang entdeckten wir ein wunderschönes "koscheres Restaurant" in dessen Hof wir entspannt Pause machen konnten.
Am Abend fühlten wir uns schier trunken von soviel Heiligenfiguren, Frömmigkeit, Gold und Glitzer, Gauklern, aber auch von der großen Lebendigkeit dieser wunderbaren Stadt Krakau.
Ich gerate ins Schwärmen, sehr bewusst und aus ehrlichem Herzen....

Koffer packen am Sonntagmorgen und dann ab in den Bus für einen Sonntagnachmittag und eine Nacht nach Görlitz (siehe Bericht oben) und dann nach Köln. 

Das waren erlebnisreiche Tage, die allen gefallen haben. Dazu kommt, dass wir immer ein bisschen mehr voneinander erfahren, die Mitglieder der
emmaus-gemeinschaft und die Mitarbeiter des emmaus-ladens.

Brigitte H.