Sehr geehrte Frau Dr. Merkel,

 

Sehr geehrte Damen und Herren der neuen Bundesregierung,

 

am gestrigen Montag, 12.März 2018 haben Sie mit drei Parteien den neuen Koalitionsvertrag unterzeichnet und somit den Weg freigemacht für weitere fast vier Jahre einer hoffentlich aktiven und kreativen Regierungsarbeit in Deutschland.

Dazu wünsche ich Ihnen allen den nötigen Erfolg.

 

Als Präsident von Emmaus Europa mit mehr als 300 Gruppen und Gemeinschaften in 17 Ländern erlaube ich mir, Ihnen unsere politische Einschätzung zu den Entwicklung in Deutschland und Europa darzustellen.

 

Wenn wir uns die Lebenswirklichkeiten auf der Welt, in Europa und Deutschland

ansehen, müssen wir feststellen, dass wir in einem reichen Land leben.

Vordergründig und von vielen ausländischen Besuchern bestätigt, ist hier alles wohl

geordnet und sauber geregelt.

Aber nach der letzten Bundestagswahl müssen wir auch feststellen, dass unser Land

nach rechts gerückt ist.

Es standen hierzulande langatmige Verhandlungen der unterschiedlichsten Parteien

an und ist zu befürchten, dass eine neue neoliberale Welle durch unser Land

schwappen wird.

 

Deshalb scheint es angeraten und angemessen, auf Folgendes mit Nachdruck

hinzuweisen:

Die gesellschaftliche Situation in Deutschland ist seit einigen Jahren von starken

sozialen Verwerfungen gekennzeichnet. Sie zeigen sich z.B. an folgenden

Entwicklungen:

Lohndrückerei, Kinderarmut, Altersarmut, Rentenkürzungen, Zwei- Klassen- Gesundheitsfürsorge

 

Armut und Reichtum sind zwei Seiten einer Medaille, der Reichtum einiger weniger

wird erst möglich durch die Verarmung vieler. Es ist eine Frage der Gerechtigkeit,

Armut zu beseitigen, und es ist eine Frage der Verletzung der Menschenrechte, 

wenn wir Armut zulassen.

 

Der Staat und seine Vertreter nehmen allerdings seine Aufgaben, eine Verteilungs-gerechtigkeit herzustellen, schon lange nicht mehr wahr.

Entsprechend der einer seit ca. 30 Jahren vorherrschenden neoliberalen Politik wird

eine Umverteilung von unten nach oben betrieben.

Die Vermögen der Reichen steigen seit langem immer mehr an, während im

Sozialhaushalt immer mehr eingespart wird, die Realeinkommen von 40% unserer

Bevölkerung eher rückläufig sind.

 

Wir brauchen eine Politik, die

  • der sozialen Gerechtigkeit verpflichtet ist
  • die den Schwerpunkt darauf legt, Armut zu beseitigen
  • die garantiert, dass Gesundheit und gute Bildung unabhängig vom Einkommen  gestaltet wird.
  • die verhindert, dass trotz Mindestlohn immer noch Dumpinglöhne gezahlt werden
  • ein solidarisches Rentensystem erhält, um absehbare Altersarmut zu vermeiden.

Viele Menschen und Organisationen setzen sich seit Jahren für die oben genannten

Ziele ein, Verbesserungen sind immer noch nicht in Sicht.

Es wird also folglich immer mehr auf zivilgesellschaftliches Engagement ankommen,

wollen wir der Gerechtigkeit den Weg bereiten.

 

Deutschland hat eine enorme Verantwortung auf europäischer Ebene und muss dafür sorgen, dass sich die Ziele und Werte der europäischen Gemeinschaft nicht zersetzen durch neoliberale Austeritätspolitik und nationalistisches Gehabe.

 

Viele meiner Kollegen in den europäischen Emmaus – Gremien schauen mit Interesse und Sorge auf die seit Jahren sich ändernden Gegebenheiten in Europa und gerade auf Deutschland,

denn unserem Land kommt als bevölkerungsreichstem und zur Zeit wirtschaftlich stärkstem Land eine besondere Verantwortung zu, wenn es auch um die Verwirklichung fairer und menschlicher Bedingungen für alle Menschen geht, die in Europa leben.

 

Ich wünsche Ihnen allen erdenklichen Erfolg in Ihrer Arbeit , die wir von Emmaus Europa und Deutschland natürlich kritisch beobachten werden.

 

Mit freundlichem Gruß

 

 

Willi Does

Vorsitzender Emmaus Gemeinschaft in Köln eV

Präsident Emmaus Europa